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Nach einigen Wanderjahren lässt sich der in Darmstadt geborene Schriftsteller Jan Koneffke mit seiner aus Rumänien stammenden Frau in Wien nieder und entdeckt, dass einst in dem Wiener Haus, in dem er wohnt, Joseph Roth als Untermieter bei einer Familie gelebt haben soll. Es liegt nahe, dass Koneffke, angestachelt durch diese Information, anfängt, sich Treppenhaus-Gespräche mit dem Studenten aus Galizien auszudenken.

Durch die Sprache ins Leben. Claudia Durastantis Roman erzählt eine Familiengeschichte über die Facetten des Fremdseins: Eine italienische Mutter, ein italienischer Vater, eine Tochter, die in Brooklyn zur Welt kommt. Die Eltern sind gehörlos. Von Büchern lernt sie das Sprechen, von ihren Eltern das Erzählen – denn sie fabulieren über ihre Liebe.

Traurig, empörend, unerhört und, wenn die Tante sich die klebrigen Kekse aus der Flug­hafenlounge in die Tasche stopft, auch ­komisch, wie Filmschnitte aus einem nicht geplanten Drehbuch. Über ein v­er­rück­tes Familien­szenario zwischen Berlin, ­Chicago, ­Heppenheim und Rom spricht Esther Dischereit mit Autorin und Übersetzerin Christine Koschmieder.

Adikou kann kaum ihren eigenen Namen aussprechen, doch die ganze Welt möchte, dass sie ihre Herkunft angibt und sich einordnet. Dann, an einem drückend heißen Sommertag, hält Adikou es nicht mehr aus. Sie flieht und macht sich auf den Weg nach Togo, dem Land ihres Vaters, über das sie so wenig weiß. Die Erzählerin hat keine Wahl, als ihr zu folgen.

»Schön ist die Nacht« ist ein Roman über die westdeutschen Siebzigerjahre, der Roman einer ganzen sozialen Klasse. Zwischen ihren nach Emanzipation strebenden Frauen und streikwilligen »Gastarbeitern«, zwischen ihnen entgleitenden Kindern und sie unter Druck setzenden Chefs, zwischen Spekulantenträumen und Baustellenwirklichkeit führen Willy und Horst aussichtslose Kämpfe um ihren Anteil am Wohlstand. Müssen wir sie uns als glückliche Menschen vorstellen?

Sie ist dreißig Jahre alt und heißt Kiều, so wie das Mädchen im berühmtesten Werk der vietnamesischen Literatur. Doch sie nennt sich lieber Kim, weil das einfacher ist für ihre Freunde in Berlin. 1968 waren ihre Eltern aus Vietnam nach Deutschland gekommen. Für das, was sie zurückgelassen haben, hat sich die Journalistin nie interessiert. Im Gegenteil: Oft hat sie sich eine Familie gewünscht, die nicht erst deutsch werden muss, sondern es einfach schon ist. Bis zu jener Facebook-Nachricht.

Der Tod des Vaters bringt für Rosa vieles in Bewegung, bei dem sie eigentlich froh war, dass es geruht hatte. Denn die Geschichte der deutsch-jüdischen Familie ist ein einziges Durcheinander aus Streitereien, versuchten oder gelungenen Fluchten, aus Sehnsüchten und enttäuschten Hoffnungen und dem vergeblichen Wunsch, irgendwo heimisch zu werden.

Vaters Meer erzählt von einem Schicksalsschlag, der eine ganze Familie trifft, von einer Vater-Sohn-Beziehung, die abrupt endet, von Migration und Zugehörigkeit. Deniz Utlu zeichnet die unerwarteten Wege des Lebens wie der Erinnerung nach. Sein Roman zeugt von der Kraft des Erzählens – die dann am deutlichsten wird, wenn die Sprache das Letzte ist, was einem bleibt.

Moderiert von der Lektorin und Verlegerin Elisabeth Ruge, sprechen Dorothee Röhrig und Sylvie Schenk über ihre neuen Bücher und das Verhältnis zu ihren Müttern.

Es ist Nilufars erste Reise in den Iran und in eine ihr unbekannte Familie – die Familie ihres Vaters, der sie verlassen hat, als sie noch ein junges Mädchen war und zurück in seine Heimat gegangen ist. Dort trifft sie auf neue Gesichter, die alle ihre Wunden und Sehnsüchte haben, und eine Gesellschaft voller Gegensätze. Nilufar lernt ein Leben kennen, das hätte ihres sein können, und einen Vater, der ihr immer dann ausweicht, wenn sie ihm nahekommt.

In seinem Debüt schreibt Behzad Karim Khani über die komplizierten Schicksale von Revolutionären, Kleindealern und Messerstechern und entwickelt dabei einen ganz eigenen Klang, in dem sowohl die Melancholie iranischer Prosa als auch die Härte afroamerikanischen Raps anklingen. Darüber und über seine Teilnahme am diesjährigen Wettbewerb um den Bachmannpreis wird Behzad Karim Khani mit der Literaturredakteurin Cornelia Geißler sprechen. 

Autor Mohamedou Ould Slahi im Gespräch mit Mohamed Amjahid über »Die wahre Geschichte von Ahmed und Zarga« (InterKontinental). Der neue Roman thematisiert den Überlebenskampf einer Beduinenfamilie inmitten einer sich verändernden Welt und wirft brandaktuelle Fragen globaler Verantwortung auf.

Kurz nach seiner Pensionierung als Arzt steht Bodo einmal mehr vor den Trümmern einer Ehe. Doch statt eines glücklichen Neuanfangs in der vertrauten Gegend seiner Kindheit sieht er sich plötzlich mit einer Notiz seines Vaters konfrontiert, die alles in Frage stellt. Über sein Romandebüt spricht Wolfgang Martin Roth mit der Journalistin und Schriftstellerin Elke Schmitter.

»Zeit der Schuld« ist das erste Buch der Autorin, das auf Deutsch erscheint. Über ihren neuen Roman spricht die in Portugal lebende Deepti Kapoor mit der Schriftstellerin Zoë Beck. Es liest Robert Stadlober.

»Männer sterben bei uns nicht« erzählt von Schwestern, Müttern, Töchtern und Großmüttern, die der trügerischen Anziehungskraft weiblichen Verrats erliegen, auch wenn sie sich nichts mehr als gegenseitigen Beistand wünschen. Bis die Großmutter stirbt und die Geister der Vergangenheit sich nicht länger verstecken lassen. Über ihren neuen Roman spricht Annika Reich mit Mieke Woelky.

Es ist der Sommer 2014, und Hitze liegt über der Stadt, die vor einem Wendepunkt steht. Manchmal bemerkt man erst beim Donnern, dass sich der Himmel längst verdunkelt hat. In der Familie von Olga gibt es nur Frauen – abgesehen vom Großvater, der wie ein schlecht gelaunter König über allen thront.

Zum Jahrestag des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, stellen wir Ihnen Lisa Weeda vor: eine niederländisch-ukrainische Drehbuchautorin und Virtual-Reality-Regisseurin, die im letzten Jahr in den Niederlanden ihr vielfach beachtetes und preisgekröntes literarisches Debüt veröffentlicht hat: »Aleksandra« landete auf Platz 10 der niederländischen Bestsellerliste.

Schlesenburg. So heißt die Siedlung am Stadtrand, in der fast mehrheitlich Familien aus Polen wohnen. Sie alle tragen Hoffnungen und Träume in sich, sie alle teilen den Schmerz über eine verlassene Heimat und die Suche nach einer Neuen. Es ist Sommer ’89, und eine Wohnung in der Burg geht in Flammen auf.

In Christian Barons neuem Roman »Schön ist die Nacht« verfolgen wir die Arbeiterschicksale von Willy Wagner und Horst Baron: zwei Männer im Kaiserslautern der 70er Jahre, die sich noch während des Zweiten Weltkrieges inmitten deutscher Ruinen kennenlernen – vom sozialen Aufstieg träumend. Gemeinsam mit Christian Baron und dem Philosophen Johannes Müller-Salo, der kürzlich sein neues Buch »Offene Rechnungen. Der kalte Konflikt der Generationen« veröffentlicht hat, nehmen wir den Roman zum Anlass, um den Bogen bis in die Gegenwart zu spannen und die Generationenfrage als Klassenfrage zu reflektieren.

In Karlas Familie wissen alle, wie es sich anfühlt, nicht dazuzugehören. Karla erlebt es als Kind in Bremen-Nord, ihr Vater Avi in einer Klosterschule in Jerusalem, die Großmutter Maryam als Gastarbeiterin in Deutschland, die Urgroßmutter Armine auf den Straßen von Istanbul. Einfühlsam und mit feinem Humor fächert Laura Cwiertnia die verzweigten Pfade einer armenischen Familie auf, deren Erfahrungen so tiefgreifend sind, dass sie noch Generationen später nachhallen.

Yannic Han Biao Federer erzählt von einer Spurensuche entlang biographischer Brüche und historischer Verwerfungen, in der deutschen Provinz wie im zerrissenen Hongkong von heute. Sein Roman »Tao« stellt die Frage, wie gemeinsame Erinnerung erzählt werden kann, wem sie gehört – und was sie verspricht.

Als junges Mädchen tut Amal etwas Unerhörtes: Sie verprügelt ihren Mitschüler Younes. Ihr Vater verteidigt ihr Verhalten und ermuntert sie, sich in der Welt zu behaupten. Trotzdem wird Amal fortan von allen gemieden. Und dann verlässt der Vater die Familie. Zuflucht findet Amal ausgerechnet bei Younes und seiner Mutter Shahira, die ebenfalls Außenseiter sind. Als sich die Situation Jahre später zuspitzt und der Streit mit der Clique um Raffiq eskaliert, flieht Amal nach Kurdistan und begibt sich auf die Suche nach ihrem Vater.

Aleksandar Hemons neues Buch ist eigentlich zwei: »Meine Eltern« ist die Geschichte von Hemons Eltern, die aus Sarajewo nach Kanada emigrieren. »Alles nicht dein Eigen« ist die rauschhaftere, rauere und unkonventionellere Seite derselben Medaille: der junge Hemon, wild und wütend.

Schon immer haben drei Bestandteile ausgereicht, um die Welt neu zu erschaffen und zurück ins Chaos zu stürzen: Vater, Mutter, Kind. Yade Yasemin Önder bringt diese Akteure so virtuos auf Kollisionskurs, dass einem die Luft wegbleibt: ein im schönsten Sinne atemberaubendes Debüt.

Herbert Bernsdorff, Uta von Arnims Großvater, leitete in den Jahren 1941-1944 das Gesundheitswesen der besetzten baltischen Staaten. Im Kleistenhof, am Stadtrand von Riga, gründete er ein »Forschungsinstitut«, in dem Juden als »Versuchskaninchen« dienten. Aus Gesprächen und Interviews mit Familienmitgliedern, Fotos und Archivrecherchen rekonstruiert die Autorin die Geschehnisse rund um das Forschungsinstitut.

Im Mai 1940 beginnt Anna Haag, 52 Jahre alt und Journalistin, ein schonungslos offenes und regimekritisches Tagebuch zu führen, das sie über Jahre im Kohlenkeller versteckt. Sie hört ihren Mitmenschen genau zu – in der Straßenbahn, bei Behördengängen oder in Geschäften. In pointierten Skizzen hält sie fest, was ganz gewöhnliche Deutsche schon während des Zweiten Weltkriegs über die Verbrechen des NS-Regimes wussten.

Dokumentarfilm #femaleheritage zur Münchner Schriftstellerin und Historikerin Dana von Suffrin (*1985 in München): Sie studierte Politikwissenschaft, jüdischen Geschichte und Kultur sowie allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft in München, Neapel und Jerusalem.

Nach ihrem Debüt »Drei Kilometer« legte Nadine Schneider 2021 mit »Wohin ich immer gehe« ihren zweiten Roman vor. Beide siedelt sie am westlichen Rande Rumäniens, in der Nähe von Temeswar/Timișoara, an.

Dr. Joachim Umlauf, Leiter des Goethe-Instituts Bukarest, spricht mit Dana von Suffrin über ihre literarische Tätigkeit und ihr Verhältnis zu Rumänien, da ihr Roman »Otto« sich in Teilen in Siebenbürgen abspielt.

Eigenverantwortung und kollektive Amnesie: die deutsch-französische Journalistin Géraldine Schwarz hat über drei Generationen hinweg eine faszinierende Untersuchung und Vergangenheitsaufarbeitung geleistet und soziologische und psychologische Mechanismen erkundet, die eine ganze Gesellschaft in Apathie versetzen können.

Was, wenn der letzte Ort, der vielleicht noch Heimat werden könnte, durchdrungen ist von Korruption, Rassismus und Gewalt, ein Ort, an dem das Morden alltäglich geworden ist?

In »Die Unschärfe der Welt« erzählt Iris Wolff mit großer poetischer Kraft die Brüche des 20. Jahrhunderts als Familiengeschichte. Heimat ihrer Figuren sind die in Rumänien liegenden Regionen Siebenbürgen und Banat, die gezeichnet sind von Ereignissen wie dem Zweiten Weltkrieg, dem Sturz des Ceaușescu-Regimes oder der Abwanderung der deutschsprachigen Bevölkerung.

Wer sich für Autofiktion interessiert, wird an diesem Roman nicht vorbeikommen – allerdings auch niemand, der sich für besondere Familiengeschichten begeistert.

Jan Koneffke »Im Schatten zweier Sommer«

Familienromane Osteuropa: Jan Koneffke »Im Schatten zweier Sommer« Begrüßung: Winfried Smaczny Moderation: Ingeborg Szöllösi Nach einigen Wanderjahren lässt sich der in Darmstadt geborene

Claudia Durastanti
»Die Fremde«

Prosa der Verhältnisse mit Claudia Durastanti Kuratiert und moderiert von Deniz Utlu Auszüge gelesen von Lea Draeger Durch die Sprache ins Leben. Claudia

Raphaëlle Red »Adikou«

Moderation Melanelle B. C. Hémêfa Adikou kann kaum ihren eigenen Namen aussprechen, doch die ganze Welt möchte, dass sie ihre Herkunft angibt und

Deniz Utlu »Vaters Meer«

»Vaters Meer« Lesung & Gespräch mit Deniz Utlu & Fatma Aydemir Yunus ist dreizehn Jahre alt, da erleidet sein Vater zwei Schlaganfälle und

Deepti Kapoor »Zeit der Schuld«

Deepti Kapoor »Zeit der Schuld« Buchvorstellung in Englisch Die Autorin im Gespräch mit Zoë Beck Es liest Robert Stadlober Geboren in einem kleinen

Lisa Weeda »Aleksandra«

Lisa Weeda »Aleksandra« Buchpremiere Die Autorin im Gespräch mit Katharina Borchardt Zum Jahrestag des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, stellen wir Ihnen Lisa

Paul Bokowski: »Schlesenburg«

Paul Bokowski: »Schlesenburg« – globale° Festival Bremen Moderation: Daniel Schmidt Schlesenburg. So heißt die Siedlung am Stadtrand, in der fast mehrheitlich Familien aus

Zu Besuch bei Karosh Taha

Ein Hausbesuch bei Karosh Taha und »Im Bauch der Königin« Als junges Mädchen tut Amal etwas Unerhörtes: Sie verprügelt ihren Mitschüler Younes. Ihr

Géraldine Schwarz
»Die Gedächtnislosen«

Géraldine Schwarz »Die Gedächtnislosen« – Buchpräsentation Eigenverantwortung und kollektive Amnesie: die deutsch-französische Journalistin Géraldine Schwarz hat über drei Generationen hinweg eine faszinierende Untersuchung

Nastasja Penzar »Yona«

Nastasja Penzar »Yona« Was, wenn der letzte Ort, der vielleicht noch Heimat werden könnte, durchdrungen ist von Korruption, Rassismus und Gewalt, ein Ort,

Iris Wolff
»Die Unschärfe der Welt«

Iris Wolff »Die Unschärfe der Welt« Iris Wolff im Gespräch mit Michaela Nowotnick In »Die Unschärfe der Welt« erzählt Iris Wolff mit großer poetischer Kraft