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Durch die Sprache ins Leben. Claudia Durastantis Roman erzählt eine Familiengeschichte über die Facetten des Fremdseins: Eine italienische Mutter, ein italienischer Vater, eine Tochter, die in Brooklyn zur Welt kommt. Die Eltern sind gehörlos. Von Büchern lernt sie das Sprechen, von ihren Eltern das Erzählen – denn sie fabulieren über ihre Liebe.

Elena Ferrante kennt jede, die sich für italienische Literatur (und für gute Romane) interessiert. Aber kennen Sie auch Sibilla Aleramo, Dolores Prato und Goliarda Sapienza? Diese drei italienischen Autorinnen, die lange vor Ferrante ihre mutigen, klugen Romane veröffentlichten, sollte man unbedingt auch kennen – nicht im Sinne eines langweiligen Bildungsbürgerinnendiktats, sondern für die persönliche Bereicherung.

Wie erzählt man die Geschichte einer Familie, wenn die gemeinsame Sprache in der Diaspora verloren geht? Wenn die Erinnerungen trügen und geliebte Verwandte seit Generationen in die ganze Welt zerstreut leben? In ihrem gefeierten autofiktionalen Roman geht die große italienische Erzählerin Igiaba Scego auf Spurensuche zwischen Mogadischu und Rom.

Kaum jemand scheint in Berlin geboren zu sein, alle sind zugezogen – und alle haben eine Berlingeschichte. Nach den Technotouristen der späten Neunzigerjahre, nach den berühmt-berüchtigten Schwaben, die angeblich den Prenzlauer Berg aufkauften, kamen: die Italiener. Jung, gut ausgebildet, digitale Nomadinnen und akademische Hipster, eine neue Generation also, die in Berlin ihr Mekka gefunden zu haben glaubte.

Man soll es nicht übertreiben mit der Bedeutung von Jahrestagen, aber dass in Italien ziemlich genau 100 Jahre nach Mussolinis sogenanntem »Marsch auf Rom« mit Giorgia Meloni eine profaschistische Regierung an die Macht zu kommen droht, gibt leider sehr aktuellen Anlass, sich mit Emilio Lussus brillantem, witzigen Augenzeugenbericht von 1922 zu beschäftigen.

Ist wirklich alles in Ordnung mit einer Frau über 40, die sich dafür entscheidet, alleine zu leben, ohne Mann, Kinder, Familie? Wird ihr das nicht noch leid tun? Hat sie etwa keinen abbekommen? Will sagen: Wie kann eine Frau in Ruhe und Würde älter werden, ohne sich permanent durch Familie, Haushalt, Care-Arbeit zu legitimieren?

Il 2022 ci offre tante occasioni per affacciarci alla letteratura italiana. Non è solo il centesimo anniversario della morte di Giovanni Verga, la cui epopea veristica, „I Malavoglia“, è un must per tutti gli appassionati della Sicilia, ma anche il centesimo compleanno di Pier Paolo Pasolini e Beppe Fenoglio.

Chi ama la narrativa di Autofiktion, così come chi si lascia trasportare da intriganti storie familiari non si perderà questo romanzo.

Wer sich für Autofiktion interessiert, wird an diesem Roman nicht vorbeikommen – allerdings auch niemand, der sich für besondere Familiengeschichten begeistert.

Claudia Durastanti
»Die Fremde«

Prosa der Verhältnisse mit Claudia Durastanti Kuratiert und moderiert von Deniz Utlu Auszüge gelesen von Lea Draeger Durch die Sprache ins Leben. Claudia

Igiaba Scego »Kassandra in Mogadischu«

Buchpremiere • Gastland Frankfurter Buchmesse Die Autorin im Gespräch mit der Übersetzerin Verena von Koskull. Aus dem Italienischen simultan übersetzt von Johannes Hampel.