„in dunklen orten aus worten – lief ich im garten, im wald, lief sie – ich. ich strich. in dunklen räumen…“ schreibt Inna Krasnoper. Ihre Texte vereinen Elemente aus verschiedenen Sprachen und Medien. Der Akt des Schreibens, sagt sie, ist vergleichbar mit dem Prozess der Verschmelzung von Identitäten, von Herkunft und Geschichte. Der dunkle Raum, das sich schließende Dickicht, aber auch die Bewegung, das Fortgehen und das auf etwas zugehen – finden sich in ihren poetischen Texten. In ihrem neuen Gedichtband »Im Glasberg« (2020) durchstreift Nadja Küchenmeister Plattenbausiedlungen in Berlin-Marzahn, architektonische Zeugen des Realsozialismus. Erinnerungsorte der Kindheit in Ostberlin, als man von der „Besseren Zukunft“ sprach, die anders kommen sollte: Als Wendezeit in den 1990er Jahren, die die Autorin geprägt hat. Latente Dystopie ist Küchenmeisters Texten eingeschrieben, Unorte und Nichtorte wie eine Shoppingmall mit Namen HELLE MITTE tauchen auf, der sie einen Gedichtzyklus gewidmet hat.
Moderation: Dr. Maren Jäger, Literaturwissenschaftlerin. Gastprofessorin an der HU Berlin.
Festival: »Das Minus-Schiff – Festival für Literatur in dystopischen Zeiten« I
Wie gestaltet man ein Festival der literarischen Zeitzeugenperspektive in Zeiten von Krieg, Klimakatastrophe und Pandemie? Die gesellschaftspolitischen Veränderungen der letzten Zeit, ihre Geschwindigkeit und Tragweite sind so heftig, dass wir aktuell wenig Raum für langfristige Analysen und Schlüsse, auch im Bereich der Literatur und Kunst erkennen. Stattdessen sehen wir die Möglichkeit für eine Reflektion zu den aktuellen Geschehnissen aus einer Zeitzeugen- und geschichtlichen Perspektive. Autor:innen sind nicht nur Zeitzeug:innen sondern auch biographische Geschichtenerzähler:innen, die den Lauf der Veränderungen wahrnehmen und ihre Erfahrungen, ihr Lebenswissen mittels ihrer Werke und ihrer Stimme dem literarisch interessierten Publikum präsentieren. Eine Zeitzeugenperspektive kann den Status Quo thematisieren, den Augenblick abbilden, die Symptome, die Verhältnisse aufdecken. Es geht dabei um den Veränderungsanspruch von Literatur auf der einen Seite und die Fragestellung: Wie weitermachen? Beim »Das Minus-Schiff – Festival für Literatur in dystopischen Zeiten« kommen Autor:innen aus Deutschland, Russland und der Ukraine zusammen, die in literarischen Begegnungen mit ihren Gesprächspartnern ihre Texte vorstellen und sich zu einem gemeinsamen thematischen Schwerpunkt austauschen.
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem VFSV e.V., SLoG e.V. und auslandSPRACHEN, großzügig gefördert von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa