»DDR, Mauerfall, Nachwendezeit«
Der Blick zweier Namensbrüder unterschiedlicher Generationen auf deutsch-deutsche Geschichte
Torsten Schulz und Daniel Schulz im Gespräch mit Jana Simon.
Daniel Schulz und Torsten Schulz sind weder verwandt noch verschwägert und es trennt sie eine Generation. Beide sind in der DDR geboren, doch während Torsten Schulz 30 Jahre in Ostberlin aufwuchs, erlebte Daniel Schulz die sogenannte »Wendezeit« im Alter von 10 Jahren in Potsdam. Nun haben beide Autoren Romane vorgelegt, die das Leben in der DDR und in der Zeit ihrer Auflösung schildern.
Torsten Schulz hat einen herrlich skurrilen DDR-Roman über die Beharrlichkeit von alten und neuen Mythen und das Leben in einem havelländischen Provinznest geschrieben. Denn die Zeiten, in denen man in Beutenberge den Siegeszug des Erdöls ersehnte, sind längst vorbei. Stattdessen hoffen Lothar Ihm und seine Freunde höchstens noch auf die nächste geschmuggelte Platte aus dem Westen. Doch dann fällt ein Schwarm heiratswilliger Frauen in das havelländische Provinznest ein, und nichts bleibt mehr, wie es war.
Daniel Schulz schildert eine Jugend in der DDR als die Revolution ausbricht. Während sich viele nach Freiheit sehnen, hat er Angst: vor den Imperialisten und Faschisten, vor denen seine Lehrerinnen ihn gewarnt haben. Wenige Jahre später wird er wegen seiner langen Haare von Neonazis verfolgt. Gleichzeitig trifft er sich mit Rechten, weil er sich bei ihnen sicher fühlt. Doch er muss sich entscheiden, auf welcher Seite er steht. »Wir waren wie Brüder« ist eine drastische Heraufbeschwörung der unmittelbaren Nachwendezeit – und ein nur allzu gegenwärtiger Roman über die oft banalen Ursprünge von Rassismus und rechter Gewalt. Darüber sprechen die beiden Autoren mit der Schriftstellerin und Journalistin Jana Simon.
Torsten Schulz »Öl und Bienen« Klett-Cotta, 2022
Daniel Schulz »Wir waren wie Brüder« Hanser, 2022