Esther Dischereit »Ein Haufen Dollarscheine«

Die Frau mit dem blumengemusterten Kleid erhebt sich end­­lich aus ihrem Bett. In der Hitze des Zimmers bleibt ihre Vergangenheit wie in Schwaden stehen: die Vergangenheit eines versteckten jüdischen Kindes. »Immer wieder taucht jemand auf und soll zu uns gehören«, murmelt ihre Schwester. Der Thanksgiving-Truthahn in Chicago verschluckt das Schwarze Amen ihres Mannes, der für die Kinder Palästinas um Frieden betet, während am anderen Ende des Tisches mit einem weißen Amen eine Danksagung an den amerikanischen Präsidenten gesprochen wird. Der nunmehr jüdisch-orthodox bekennende Sohn nennt seine Mutter Closet-Jew. Gojische Partner:innen der zweitverheirateten Überleben­den eignen sich deren »Wiedergutmachung« an, und schließlich weigert sich auch der russische Rabbiner, das Vorkriegsgrab in Berlin-Weißensee zurückzugeben.

Traurig, empörend, unerhört und, wenn die Tante sich die klebrigen Kekse aus der Flug­hafenlounge in die Tasche stopft, auch ­komisch, wie Filmschnitte aus einem nicht geplanten Drehbuch. Über ein v­er­rück­tes Familien­szenario zwischen Berlin, ­Chicago, ­Heppenheim und Rom spricht Esther Dischereit mit Autorin und Übersetzerin Christine Koschmieder.

Esther Dischereit »Ein Haufen Dollarscheine«, Maro 2024

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