The Poetry Project on LTV #1 (kurdisch)

The Poetry Project on LTV #1

In der ersten Ausgabe von The Poetry Project on LTV tragen die kurdischsprachigen Autor:innen Leyla Akyildiz und Bahadȋn Akhan ihre Gedichte »Bişaftin« (»Assimilation«) und »Ecûzeya zimanî« (»Die Sprachenhexe«) vor. Die Schauspielerin Selin Dörtkardeş liest die deutsche Übersetzung. 

The Poetry Project ist ein literarisches Dialogprojekt, das junge Menschen mit Fluchthintergrund dabei begleitet, ihre Erfahrungen in Gedichten auszudrücken. So sollen die Erzählungen jener Personen eine Bühne bekommen, die in den letzten Jahren zu Hunderttausenden aus Ländern wie Afghanistan, Eritrea, Iran, Irak, Kurdistan, Syrien und der Ukraine geflohen sind, denn zu oft wird in der deutschen Mehrheitsgesellschaft über sie berichtet, aber nicht von ihnen selbst. The Poetry Project arbeitet zusammen mit dem PEN Berlin, dessen Autor:innen die jungen Schreibenden literarisch begleiten. 

Leyla Akyildiz »Bişaftin« (»Assimilation«)

Leyla Akyildiz kommt aus Nordkurdistan, Türkei. Aus politischen Gründen wurde sie in jungen Jahren inhaftiert und verbrachte lange Zeit im Gefängnis. Sie hat Kunstgeschichte studiert und arbeitete kurze Zeit als Archäologin. Schon immer interessiert sie sich für Literatur und gewann den zweiten Preis bei einem Kurzgeschichtenwettbewerb in Istanbul. Neben der Teilnahme an Theaterworkshops fing sie selbst an, Theaterstücke zu schreiben, auf Kurdisch und Türkisch. Darüber hinaus drehte sie Dokumentar- und Kurzfilme. Ihre Karriere lief allerdings aufgrund ihres politischen Engagements ins Leere und ihre Pläne blieben unvollendet. In Berlin möchte sie an ihren Theaterstücken weiterarbeiten – eine Theatergruppe für deren Aufführung hat sie schon gegründet. Seit 5 Monaten ist sie nun in Berlin. Leyla wohnt in einer Gemeinschaftsunterkunft, ihr Asylantrag ist noch nicht abgeschlossen.

»Bişaftin«

Ez penaberê vê cîhanê me
Cîh û warê min winda ye
Her gotin bo min biyanî
Û her deng xerîbîye

Ez stranbêjekî bê peyv im
Gotin û peyvên min di
Hindirê min de diherike û li wir
Birca bêdengîyê ava dike…

Bajarek bifikirin ku,
Wek berbanga sibê dibiriqe
Lê li cîhê neliberçav de
Dirhem dirhem rizîye.

Ev bajar, bajarekî wisa ye ku
Hêst naherikin û najîn
Hemû hêst di nava awirên
Bêwate de diqerisin.

Ev bajarê kambax
Di dilê xwe de mirovên
Bipeyv diveşêrin û
Wana didin ser texta dilê xwe.

Bila be,
Ew cihê ku xewn u xeyalê min de
Li ser texta darizandinê
Pîrmendên bêpeyv runiştine.

Bîra vê bajarê winda û
Wêran kirine,
Di guhê min de qêrîn û hawarek
Hawara mirovên winda
Lê ez li ser şopa
Bêdengîyekê kûr im.

Bahadȋn Akhan »Ecûzeya zimanî« (»Die Sprachenhexe«)

Bahadȋn Akhan wurde 1996 in Muş, im Norden Kurdistans geboren, offiziell Osttürkei. Schon in jungen Jahren liebte er es zu lernen, zu lesen und zu schreiben und nach einer Weile wurde ihm klar, dass weder er das Lesen und Schreiben aufgeben konnte, noch dass sie ihn aufgeben wollten. Unter dem Druck des türkischen Staates bekam er jedoch keine Bildung in seiner Muttersprache, sondern musste Türkisch lernen. Als er hörte, dass in Nordkurdistan eine Kurdologie-Fakultät eröffnet wurde, gab er alles auf, um dort studieren zu können, und verschrieb sich im Anschluss ganz dem Lesen und Schreiben auf Kurdisch. Seine Gedichte und Texte wurden in einigen Zeitschriften und Zeitungen veröffentlicht und mit Preisen ausgezeichnet. Außerdem hat er als Journalist und Redakteur gearbeitet. Ende letzten Jahres musste er aufgrund staatlichen Drucks und anderer besonderer Umstände sein Land verlassen und wurde zum Flüchtling. Bahadin lebt seit diesem Jahr in Berlin, möchte neue Sprachen lernen und seine bisherige literarische Arbeit hier fortsetzen.

»Ecûzeya zimanî«

Xewna Ala ya berze
Xenîmê min dibe
loma digirîn bi henaseya pêşîn re
devê min didirû mirineke zer
ziman li min dike jehr, ew dewleta rûçolter
lal dibe lorîka diya min dû re,
dû re bab li çiyê bîr dike îmana xwe
li mêrga mêrane ya mirinê
dû re dişkê li şarê şaristaniyê baweriya bi kevirê seqî
û xera dibe efsûna şengebiya li şahnişînê
vîn vemirandin, kam kul kirin, sond pêpeskirin
li arasa vê meydanê
zal bû tarîk li ruh, reş xitimî rûyê min li xewnê
ez hunera ecûzeya zemanî
min anî xwe li vî zimanî danî
Niha di paşila xeribîyê da
Deriyê tenêtiyê bi ser xwe ve dadidim
Min xitimcarî kir ferhenga çend zimanan
Kîp dibim di xewna kurmancî ya ewil da
Zirze dikim bîra zemên wisa
Xem davêje dil, zeman, ziqqum ziha
Jiyan min israr, mirin esrar, bêdengî bûye kimya li vir
Ez ecûzeya zimanî,
Min anî xwe li vî zemanî danî

Selin Dörtkardeş, Sprecherin

Selin Dörtkardeş absolvierte ihr Schauspielstudium an der Universität der Künste in Berlin. Schon vor ihrer Schauspielausbildung war sie als Tänzerin und Performerin tätig und entwarf eigene Choreografien. Sie spielte an zahlreichen Theatern und ist im Film und Fernsehen unterwegs. Zuletzt war sie in dem Kinofilm »Contra« von Sönke Wortmann zu sehen. Aktuell feiert sie große Erfolge mit der musikalischen Wrestling-Performance »What the Fuck« im Heimathafen Neukölln. Selin ist Mitbegründerin und Co-Leiterin der Impala Dance Company, welche Tanz- und Theaterprojekte für Jugendliche und junge Erwachsene anbietet.

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